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Endlich mal was Schönes

Juli 27, 2009

rainbow postirony

Wir sind beileibe nicht die einzigen, die diese Systemdiskussion führen. Die nicht einfach so weitermachen wollen wie vor der Krise.
Wir haben Verbündete. LOVOS, LOHAS, ATTAC, Obama, ja, wenn ich mich sogar mit dem Uertner mal auf etwas einigen kann, bin ich geneigt, von einem breiten gesellschaftlichen Konsens zu sprechen. 🙂

Ein spannendes Projekt in diesem Zusammenhang finde ich den Postirony-Blog des Schweizer Künstlers Johannes M. Hedinger (den kennen manche von euch ja vom letzten Blogcamp in Zürich). Der Blog ist entstanden bei einem Projekt mit Studenten der Uni Hamburg.

Zitat:

„Wir verstehen Postironie  als Übungsfeld und Entwurf für eine Welt, in der sich eine neue vereinte globale Kultur und ein weltoffenes Stammessystem zu formieren beginnt, in der Gattungen gemischt und Ordnungen durchbrochen werden.

Für uns steht Postironie für:
– Wandel und Hoffnung auf eine bessere Welt, frei von Sarkasmus und Zynismus.
– Emotionalität und Mut zum Pathos und grossen Gefühlen.
– Authentizität, Nähe und Direktheit.
– eine Wiederkehr des Realen, des Einfachen und den Zauber des Alltags.
– die Feier des Lebens, die Schönheit, die Liebe und die Wahrheit.
– ganzheitliche, emotionale wie spirituelle Nachhaltigkeit und Verantwortung.
– Selbstdarstellung, als Individuum, wie in Kollaboration oder Partizipation.
– völlige Vorstellungs- und Gestaltungsfreiheit.“

http://postirony.com/blog/?page_id=48

Das Postironische Manifest:

http://postirony.com/blog/wp-content/dateien/postirony-web1.jpg

Ich glaube da ist was dran. In unserer Kultur der Fragmentierung und der Copy-and-Paste-Identitäten, der medialen Vermittlung und massenhaften Reproduzierbarkeit von einfach allem, in der alles nur noch Zitat eines Zitats ist, in der wir uns selber zu einer Marke und Ware machen und unsere Haut zu freiem Markte tragen müssen (und wehe dem, der sich nicht rechnet), ist uns die Eigentlichkeit verloren gegangen.

Wir können uns nicht mehr authentisch zu irgend etwas verhalten, weil wir, entfremdet vom direkten Erleben, diesen ganzen medienkulturellen Rattenschwanz immer schon mitzudenken und nur noch ironisch darauf reagieren können. Wir sind umzingelt von „Erlebniswelten“, „Einkaufsparadiesen“, „Spassfaktoren“, „Sensationen“ und „Megaevents“, die uns Konsumenten Gefühle, die jetzt Emotionen heissen, versprechen und Sinnleere verkaufen.

Wenn du dich jetzt gerade im Moment einmal umschaust, wie viele Dinge siehst du um dich herum und an dir, die keine beliebig reproduzierbare Massenware sind?

Wenn eine ironische Haltung bedeutet, das Gegenteil von dem zu sagen, was man meint, hiesse Postironie: Genau das zu sagen, was man meint.

So simpel. Und erstaunlich befreiend.

Eine Gegenbewegung also mit einer Sehnsucht nach Unmittelbarkeit, Natürlichkeit, Echtheit, Ganzheit, Menschlichkeit, Herzenswärme. Wahrheit. (Anstelle von „Wahrheit“ würde ich allerdings den Begriff „Wahrhaftigkeit“ vorziehen, weil die „Wahrheit“ ein Maulesel ist, der sich noch vor jeden Karren hat spannen lassen.)

Das Ziel wäre die Entfremdung der Konsum- und Arbeitswelt zu ersetzen durch eine neue Identität mit sich selbst.
Auch die Krisen vor 1968 und 1989 haben ja jeweils tiefgreifende soziokulturelle globale Veränderungen nach sich gezogen.
Und wenn genügend Menschen so denken, warum sollte es nicht gelingen?